Filmreif
von Brunhild Hauschild

Sobald wir im Flugzeug der Singapur-Airlines sitzen und in das lichte Blau bis über die Wolken schweben, beginnt der Urlaub. Drei lange erlebnisreiche Wochen liegen vor uns. Aller Stress fällt ab, bleibt auf der Erde. Über den Wolken scheint die Freiheit wirklich grenzenlos zu sein, das wisst ihr ja.
Wir entspannen uns, genießen den Service der hübschen Flugbegleiter- und -begleiterinnen. Gerne lassen wir uns eine Decke um die Beine legen, nehmen die angebotenen warmen Socken und die Schlafmaske für die späteren Stunden.
In der Rückenlehne vor uns läuft im eingelassenen Bildschirm ein Video. Ich suche mir dann meist einen Trickfilm aus. Mein Mann lacht gerne über Mister Bean, seine linkischen Anekdoten scheinen aus dem Leben gegriffen, inzwischen kennen wir fast jede.
Nun folgt einem Ritual gleich unsere Bestellung: „Bringen sie uns bitte einen Campari-Juice“. Wir stoßen auf unseren Urlaub, auf eine gute Reise, an. Nach dem Essen werden wir schläfrig. Das Geräusch der Triebwerke summt und brummt uns in einen Halbschlaf.
Die Ankündigung der baldigen Landung reißt uns aus unseren Träumen. Vorerst gibt es noch ein leckeres Frühstück. Wir bestellen uns nochmals einen Campari, Malaysia winkt uns bereits zu.
Mein Mann versucht, seine Schuhe anzuziehen, hat aber noch des Tablett mit den Essensresten und den halbvollen Camparibecher vor sich. Sein Tischchen bekommt einen Stoß, der Becher kommt ins Rutschen.
Ehe wir reagieren können, ergießen sich die klebrigen Reste auf seine Hose. „Oh Gott, es klebt nicht nur, es ist auch feucht,“ stellt er entsetzt fest.
Zur Toilette darf er nicht mehr gehen, der Landeanflug hat bereits begonnen. Wir suchen unsere Tempotaschentücher heraus, tupfen und wischen, um wenigstens etwas zu tun.
„Ob das Missgeschick zu sehen ist“? Meinen Mann plagen Zweifel und eine gewisse Eitelkeit. Als die Maschine in Singapur landet, zieht er sich sein Jackett trotz der tropischen Temperaturen über. Vor seinem Körper trägt er unser Handgepäck in der Hoffnung, dass seine nasse Hose mit den klebrigen Flecken nicht bemerkt wird. „Bye bye und auf Wiedersehen“, wünscht die Crew. Wir sind fast auf der Flucht. Diesmal haben wir keinen Blick für die elegante Empfangshalle. Unsere Augen suchen verzweifelt einen Hinweis auf die nächstgelegene Toilette. Endlich! Mein Mann stürzt hinein. Drinnen zieht er nicht etwa seine Hose aus, sondern er versucht, die klebrigen Stellen mit viel Wasser und Geschick zu säubern. Zum Glück gibt es einen Händetrockner. Um die betroffenen Teile von vorne und von hinten anblasen zu lassen, muss er sich nun unter dem Trockner verbiegen, seine Lende vorschieben und sich in der Hüfte wiegen. Es muss ein merkwürdiger Tanz gewesen sein. Ob andere Reisende zugesehen haben, war in diesem Moment egal. Nach einer gefühlten Ewigkeit steht ein erleichterter Mann wieder neben mir. Das Jackett trägt er nun über dem Arm. Merkwürdig ist nur, dass Mister Bean nach etwa einem halben Jahr gleiches widerfahren sein muss, jedenfalls gibt es seitdem seinen Film mit ähnlichem Inhalt.




© Brunhild Hauschild
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